LOGBUCH DER ANIMA
  April 2011 :
Durch den Suezkanal ins Mittelmeer - Zypern - Ägäis
 

NOTSTOPP IN EL TUR
Die Hoffnung einer gegenwindfreien letzten Etappe im Roten Meer zum blieb unerfüllt. 120 Meilen vor dem Suezkanal kam wieder starker NW auf, der uns zwang in El Tur Zuflucht zu suchen. Diese kleine Hafenstadt auf der Sinaiseite des Golf von Suez wird selten von Yachten angelaufen. Die behördlichen Formalitäten waren daher und auch offensichtlich durch ein Kompetenzvakuum nach den politischen Umwälzungen der letzten Wochen recht ungewöhnlich. Nachdem binnen weniger Stunden eben die fünf aus Port Ghalib gemeinsam ausgelaufenen Yachten in El Tur geankert hatten, nahm uns Colonel Ibrahim, ein freundlicher Offizier der Küstenwache in seine Obhut, ohne selber genau zu wissen, wie mit uns zu verfahren sei. Nach etlichen Telefonaten und mehr als zwei Stunden Wartezeit, wurde er offensichtlich von "irgendwo oben" instruiert, dass er nun für uns verantwortlich sei. Der Rest war Formsache: Kurzer Blick in die Reisepässe, eine Kopie derselben und die Aufnahme der wichtigsten Bootsdaten genügten ihm. Danach entschuldigte er sich für die lange Wartezeit und dankte für die gute Kooperation. Es gibt also doch wie erhofft auch freundliche und aufrechte Ägypter, die nicht bei jeder Gelegenheit die Hand aufhalten.

DIESEL ZUM BESTPREIS
Das seltene Erscheinen von Yachten hier und die damit verbundene Unwissenheit der Einheimsichen, ermöglichte es uns auch, Diesel zum Ägypterpreis zu bunkern. Für 140 Liter zahlte ich 22Euro. Überall sonst zahlen ausländische Boote das 4 bis 5 fache!

KITESURFEN
Der Wetterbericht deutete auf einen mehrtägigen Aufenthalt hin, und so investierte ich den beim Dieseltanken eingesparten Betrag in das schulmäßige Erlernen des Kitesurfsports. Gleich beim Ankerplatz war eine Wind- und Kitesurfschule, und so konnte ich meine in Neuseeland gebraucht gekaufte und bisher nicht angerührte Ausrüstung erstmals in Betrieb nehmen. Und als ich endlich am dritten Lerntag aufs Brett gelassen wurde - kaum zu glauben - liess der sonst so beständige Wind gerade so weit nach, dass der blöde Drachen (oder war ich das?) es nicht schaffte, mein zartes Lebendgewicht auf das Brettl zu hieven. Auch am nächsten Tag war der Wind zu schwach, aber für diesen Nachmittag waren wir infolge günstiger Windprognosen sowieso schon aufs Auslaufen getrimmt.

DER LANGE WEG INS MITTELMEER
24 unaufregende Stunden bis nach Port Suez, wo wir noch einmal in die zäh mahlenden Mühlräder der Kanalbehörden geworfen wurden. Der Vermesser, der Marineoffizier, der Agent, alle müssen hier ihren Dienst nach Vorschrift tun. Als dann auch noch der Kanal wegen der Durchfahrt von Kriegsschiffen an den folgenden zwei Tagen für Yachten gesperrt war, wurde mir einmal mehr bestätigt, dass der Weg ins Mittelmeer seit der Abreise von den Malediven bis zuletzt ein beschwerlicher sein würde.

REKORDVERDÄCHTIGE MENSCHENMASSEN
Das erneute Warten führte alsbald zu einem geselligen Abend auf der Anima, an dem sich nicht weniger als 20 Personen an Bord zu Snacks, Drinks und musikalischer Betätigung einfanden. Diese Zahlen können sonst nur Katamarane oder Superyachten vorweisen, aber die fast überdimensionale Decksfläche der Anima macht's in dem Fall möglich.

ENDLICH
Am 12. April konnten acht Yachten zum ersten Teilstück der Kanaldurchfahrt aufbrechen. Gegenwind und Gegenstrom - eh klar - verlangsamten die Passage! Bis zuletzt schien der Weg ins Mittelmeer lang und mühsam. Aber am Abend des 13. April war die Anima endlich wieder in quasi heimischen Gewässern. Die 200 Meilen nach Zypern brachten die ersten Nachfahrten seit Malaysien, in denen ich wirklich allein unterwegs war. Bis dahin hatte ich entweder Crew oder war seit den Malediven zwar allein an Bord, aber immer mit anderen Schiffen, in den letzten 4 Wochen mit MARGARITA, unterwegs. Die Müdigkeit durch Schlafentzug wurde allerdings durch eine belebende Mittelmeer-Euphorie ausgeglichen, und so erreichte ich Pafos auf Zypern am Vormittag des 15. April.

EUROPA
Welch Kontrast zu den letzten Wochen und Monaten: Gemässigter Verkehr ohne Huperei (allerdings auf der linken Seite dank der englischen Kolonialvergangenheit Zyperns); Mistkübel alle 30 Meter und saubere Strassen; Touristen, Restaurants und Bars am Hafen; Preise in Euro und alles wahnsinnig teuer; Frauen sichtbar, zahlreich, unverhüllt; und wahrscheinlich meine vorerst innigste Wieder-zu-Hause Erfahrung: Der Besuch im Supermarkt: Regale voller Milchprodukte, Fleisch (auch Schwein) in Unmengen, Riesenauswahl an Brot und Gebäck, usw. Für Daheimgebliebene eine Selbstverständlichkeit, aber nach einem halben Jahr in Asien und Afrika eine echte Besonderheit.

WO SIND DIE ZYPRIOTEN?
Der Hafen von Pafos bot einen guten und billigen Liegeplatz um ein paar Tage am Schiff zu arbeiten und auf etwas wärmeres Wetter zu warten. Sonst hatte er nicht viel zu bieten und ist touristisch gut erschlossen - um es neutral auszudrücken.
Der erste Abend in Europa wurde gemeinsam mit Gillian und Graeme von KATHLEEN LOVE im Restaurant gefeiert. Als ich mit meinem rudimentären Griechisch brav ein Kotopoulo (Henderl) bestellte, wusste die Kellnerin nicht, wovon ich sprach. Anfängliche Zweifel an meiner Aussprache wurden durch die Erkenntnis entkräftet, dass die Dame aus Georgien stammte und ihr Griechisch offensichtlich noch fragmentarischer war als das meine. In den folgenden Tagen zeigte sich, dass hier in Pafos praktisch sämtliche Angestellten (Supermarkt, Gastronomie, Souvenirläden, Reisebüros, etc.) aus Osteuropa stammen. Das Gros der Touristen kommt zu etwa gleichen Teilen aus Russland und England.

NOCHMAL ZWEI NACHTFAHRTEN
Nach 10 Tagen in Pafos waren die wichtigsten Arbeiten erledigt, und das Wetter war günstig für den 230 Meilen-Schlag nach Rhodos. Das sollte auch die vorläufig bis in die Adria letzten von bislang 195 Nachtfahrten werden. Zumindest die Hälfte der Strecke endlich wieder Segeln mit achterlichem Wind! Herrlich! Der Hafen von Rhodos hingegen war ziemlich überfüllt und nicht gerade einladend, also fuhr ich noch 20 Meilen weiter zur Insel Symi.

SYMI UND OST- ÄGÄIS
Diese kleine Stadt mit ihrem entzückenden Inselhafen war der richtige Ort, um sich in Griechenland und der Ägäis willkommen zu fühlen. Freundliche Leute, ein malerisches Ortsbild mit gepflegten Häusern, Liegegebühr 5€ (nicht pro Tag, sondern mit dem Beisatz "You can stay as long as you like!"). Trotzdem ging es nach ein paar Tagen weiter zum Inselhupfen in der östlichen Ägäis...

Bilder vom April

 
 
 
 
 
 
 
 
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