LOGBUCH DER ANIMA
  EPILOG:
Eine unglaubliche, aufregende und spannende Geschichte
 

Da ich ja bekanntlich vor der Abreise zur großen Fahrt die Wohnung in der Kirchengasse aufgab, wurde all mein Hab und Gut eingelagert. Ich fand die Firma Umzug4You, die preislich attraktiv war und den Umzug meiner Mutter unkompliziert und kompetent über die Bühne brachte. Die freundlichen Möbelpacker holten auch im Juni 2008 meine Sachen zur Einlagerung in eine Halle in Münchendorf. Meine Mutter übernahm liebenswürdigerweise das Begleichen der jährlichen Lagerungsgebühr von 720€.

Ein Jahr später berichtete meine Mutter mir, dass sie von Herrn Linder, einem Angestellten der Firma bei dessen Besuch zum Kassieren der fälligen Gebühr informiert worden war, dass Umzug4You in Konkurs gegangen war und der Firmeninhaber sich in die Schweiz abgesetzt hatte. Die Agenden der Firma und auch Herr Linder wurden jedoch von einer neuen Firma, RuckZuck UmzugsKG inklusive meiner Sachen übernommen und diese nun woanders eingelagert. Auch im Sommer 2010 meldete sich Herr Linder wieder bei meiner Mutter zum Kassieren der Gebühr für das dritte Jahr.

Im Juli 2011 versuchte ich dann selber diesen Herrn zu erreichen um ihn darüber zu informieren, dass ich Mitte August Teile meiner eingelagerten Dinge abholen kommen wollte. Weder E-mail Adressen noch Telefonnummern waren aktiv, und so begann nach meiner Rückkehr die Recherche über den Verbleib meiner Sachen. Mithilfe eines befreundeten Anwalts konnten in den ersten Tagen über Firmenbucheinträge und Meldeauskünfte die Adressen der verantwortlichen Personen, Frau Glaser als Chefin und Herr Linder als Kommanditist der Firma RuckZuck ausfindig gemacht werden. Nachdem keine telefonische Kontaktaufnahme möglich war, fuhr ich am frühen Abend des 23. August mit meinem Freund Martin zur Adresse des Herrn Linder im 11. Bezirk. Der Name war zwar an der Gegensprech-anlage des Gemeindebaus zu lesen, da jedoch ständig jemand rein und raus ging, läuteten wir gleich an der Tür mit dem Namensschild „Linder“. Eine Dame mittleren Alters öffnete uns, und nachdem wir höflich unsere Geschichte vorgebracht hatten, erklärte sie sogleich in äußerster Defensivhaltung, der Herr Linder sei nicht hier, er sei auch nicht mehr bei der Firma RuckZuck angestellt und ich könne daher auch keinen Regress von ihm fordern. Und das obwohl ich mich nur nach Herrn Linder und dem Verbleib meines Hab und Gutes erkundigt hatte. Besagte Dame gab mit jedoch seine Telefonnummer, unter der jedoch vorerst niemand antwortete.

Wir fuhren zur nächsten Adresse, zur Frau Glaser im 2. Bezirk. In diesem Gemeindebau war weniger Verkehr, und wir nutzten die Gelegenheit eines geöffneten Fensters der ebenerdigen Waschküche zum Einstieg ins Haus um dann direkt an der Wohnung läuten zu können. Dies war jedoch gar nicht notwendig, da sich in dem Moment die Tür öffnete um eben verabschiedeten Besuch hinauszulassen. So musste Frau Glaser uns widerwillig einlassen und anhören. Sie wälzte aber alles auf Herrn Linder ab, den sie ja als Angestellten nur mit übernommen hatte und sie nicht dafür verantwortlich sei, was dieser an Einlagerungsgut mitgebracht hätte. Er habe die mittlerweile in Konkurs befindliche Firma außerdem schon im November 2010 verlassen und hätte ihr über buchhalterische Ungereimtheiten finanziellen Schaden zugefügt, dessen Klärung derzeit gerichtsanhängig wäre. Sie könne Herrn Linder auch nicht erreichen, würde sich jedoch bei mir am nächsten Tag melden um mir weiterzuhelfen.

Nach dieser zweiten nicht gerade beruhigenden Begegnung, rief tatsächlich Herr Linder zurück, ließ seinerseits wie zu erwarten kein gutes Haar an seiner ehemaligen Chefin und teilte mir aber bereitwillig mit, dass meine Sachen bei einer Containerlagerfirma im 11. Bezirk zu finden wären.
Dorthin fuhr ich am nächsten Vormittag. Im Büro der Mietcontainerfirma Diskont Depot teilte mir die freundliche Dame dann mitleidvoll mit, dass die Firma RuckZuck ihrerseits die Containermiete nicht bezahlt, auf diverse Anrufe und schriftliche Mitteilungen nie reagiert hatte und der Inhalt des Containers gemäß Mietvertrag daher nach Ablauf aller Fristen im März dieses Jahres versteigert wurde! Sie zeigte uns dann auch ein in solchen Fällen erstelltes Schätzgutachten – Schätzwert 400€! - , wo ich auf den beigefügten Fotos deutlich meine Kästen, Sessel, einen Tisch und zwei von mir mit „Carrera“ beschriftete Schachteln wieder erkannte. Ich sei auch nicht der einzige Geschädigte in diesem Fall. Ein anderer Herr, der auch bei RuckZug eingelagert hatte und dessen Sachen im selben Container waren, hatte sich schon vor einiger Zeit bei ihr gemeldet.

Die bisher unheilvolle Vorahnung wurde somit zur bitteren Gewissheit:
All mein Besitz, mein Hab und Gut – Möbel, Kleidung, Bücher, Schulunterlagen, Schallplatten, Computer, HiFi Komponenten, Briefe, Photos, Logbücher aus 40 Jahren Anima, vier Vespa-Typenscheine, etc. – alles, was nicht mit am Schiff war ist weg!

Hierzu eine kleine Korrektur: Zu den bei Freunden untergebrachten und daher nicht verlorenen Dingen zählen: meine drei Vespas, Werkzeug und Ersatzteile und meine Musikinstrumente. Die wichtigsten Dokumente (Geburtsurkunde, Staatsbürgerschaftsnachweis, etc.) sowie die Papiere zu meinen finanziellen Rücklagen waren glücklicherweise bei Mutter in Verwahrung.

Nun folgt der zweite Teil dieses Krimis:
Herausfinden, wer die Sachen hat, wo sie sind und sie falls möglich wieder zurück zu bekommen.

Die Dame im Diskont Depot verwies mich auf die nächste Woche, bis dahin wolle sie in der Buchhaltung nachsehen, ob es Aufzeichnungen gäbe, wer die Dinge ersteigert hätte. Am Dienstag, dem 30. August wurde mir mitgeteilt, dass auf einem Beleg der Name „Firma Ronald“ (Anm. Name geändert) zu lesen wäre. Diese Firma hätte den gesamten Containerinhalt ersteigert

Die Recherche im Internet führte mich mit dem Firmennamen und dem Stichwort Altwaren zu einer Adresse im 8. Bezirk, die ich noch am selben Tag aufsuchte. Das Altwarengeschäft hatte leider diese Woche wegen Urlaubs geschlossen. Auch sehr intensives durch die Scheiben Glotzen ließ mich nichts von meinen Sachen erkennen. Dennoch fuhr ich gleich am Montag, dem 5. September wieder hin. Auf meine Anfrage gab mir die Dame im Geschäft die Nummer ihres Mannes, der für diese Dinge zuständig war.

Herr Ronald bestätigte mir sofort, dass seine auf Verlassenschaften, Räumungen, Delogierungen, etc. spezialisierte Firma den gesamten Containerinhalt ersteigert hatte. Weil das aber ein halbes Jahr zurücklag, machte er mir nicht viele Hoffnungen. Er könne sich aber erinnern, einige Kartons mit anscheinend wichtigen Papieren aufgehoben zu haben. Diese könne ich am nächsten Tag in seiner Lagerhalle in Brunn am Gebirge bei seinem Mitarbeiter abholen.

Am Dienstag, dem 6.9. fuhr ich also in Begleitung meines Freundes Stefan nach Brunn und fand tatsächlich in einigen am Eingang zur Halle bereit gestellten Kartons ein paar Dinge wieder: Einige meiner Schulunterlagen, Uniskripten aus Bio und Sport, die Logbücher und völlig unerwartet alte Briefe, zwei Fotoalben und gesammelte Negative. Insgesamt ein Bruchteil, aber immerhin: Dass ich nach einem halben Jahr mit den wenigen Informationen doch bis hierher gekommen war, damit hatte ich nicht mehr gerechnet.

Der riesige Hallenkomplex voll gepackt mit dem Hab und Gut unzähliger Menschen weckte allerdings unsere Neugier, und wir durften uns ein wenig umsehen. Nach wenigen Schritten entdeckte ich unter lautem Jubelschrei meinen roten Rollerhelm. In der nächsten Halle fand ich auch meine Carrera Autorennbahn und eine Schuhschachtel mit diversen Kabeln aus meinem Fundus. Auch meinen Plattenspieler entdeckte ich, ließ ihn aber resignierend dort, da ich ja keine einzige Schallplatte mehr hatte. Den Rest verlud ich ohne langes Fragen ins Auto. Die Hallen waren bis oben voll mit Möbeln, Bildern, Lampen, Hausrat, Kisten, etc. Ungeheure Mengen an ehemaligem Eigentum lagen hier herum und harrten einer Wiederverwertung durch Flohmärktler, Kunsthändler, Antiquitäten- und Altwarenhändler.

Für weitere Versuche Dinge von mir wieder aufzustöbern und zum eventuellen Rückkauf bzw. Neukauf von Möbeln vereinbarte ich mit Herrn Ronald einen Termin am 10.9. in der Früh, wo auch er da sein sollte. Trotz intensiver Suche fand ich an diesem Tag nichts mehr von mir, suchte mir aber ein Bücherregal, zwei Tische und einige Sesseln aus, die ich um 700€ erstehen konnte. Herr Ronald, immer freundlich und sehr verständnisvoll, erzählte von einer weiteren Halle seines Partners Herrn Kramer (Anm. Name geändert) in Klein-Neusiedl. Dort könnte ich noch neue oder sogar eigene Möbel finden.

Am folgenden Tag fuhren wir sofort hin. Wieder waren nur Mitarbeiter anwesend, die uns aber in den zwei alten Fabrikshallen umschauen ließen. Und hier entdeckte ich tatsächlich unter Unmengen anderer alter Möbel meinen heiß geliebten großen Büroschreibtisch, sechs Sessel, und einen Tisch aus der Kirchengasse.
Ein Drittel der Halle war voll mit Bananenschachteln voller Bücher, in schwer zu schätzenden Dimensionen, aber es müssen dort wohl hunderttausende Bücher fein säuberlich in ca. 15 Stockwerken hoch gelagerten Kartons vorhanden sein. Die Suche nach der Nadel (meine Bücher) im Heuhaufen blieb erfolglos. Herrn Kramer erzählte ich am Telefon, dass ich einige interessante Dinge gesehen hätte und wir vereinbarten einen neuen Termin, am 24.9., wo auch er anwesend sein würde. Die Entdeckung eigener Möbel blieb vorerst unerwähnt

Die langen zwei Wochen bis zu diesem Tag zehrten gemeinsam mit dem nunmehr voll im Gange befindlichen Schulbetrieb, dem organisatorischen Aufwand um meine neue Wohnung und den Proben für einen Bandauftritt ein wenig an Geist und Körper. Die bei mir in solchen Fällen auftretende obligatorische Fieberblase fiel zu all dem auch kaum mehr ins Gewicht. Ich wollte unbedingt einen Abschluss dieser Sache, die sich nun schon so lang dahin zog.

Samstag früh, 24. September. In Begleitung meines Freundes Stefan, mit großem leerem ausgeborgtem VW Bus ging’s los nach Klein-Neusiedl. Nachdem ich zwei weitere Sessel gekauft, Herrn Kramer meine Geschichte erzählt hatte und er für meine zwei Tische 400€ wollte – die anderen 6 Sessel waren gratis – , verwies er mich für weitere Preisver-handlungen wieder an Herrn Ronald, der letztlich dafür zuständig wäre. Okay, ab nach Brunn am Gebirge, und dann langes, zähes Verhandeln um eine für beide Seiten akzeptable Lösung. Stefans Verhandlungsgeschick – auch bei einigen für ihn interessante Bilder – darf bei dieser Gelegenheit nicht unerwähnt bleiben. Schließlich schlug ich folgendes vor: Den meinem sehr ähnlichen, vor zwei Wochen bei Willhaben.at in Leoben erstandenen Schreibtisch im Tausch für den Meinen. Herr Ronald willigte ein, und ich sollte noch 50€ für meinen anderen Tisch bezahlen. Damit wäre die Sache erledigt.

Gut, also ab nach Hietzing in die neue Wohnung, Willhaben-Tisch einladen, zurück nach Klein Neusiedl und dann endlich mit dem Rest meines Mobiliars wieder nach Wien. Dauer der gesamten Aktion: 9-18h. Aber nun bin ich erleichtert, dass diese G´schicht ein End´ hat!

Was jedoch ein unangehmes Gefühl hinterlässt, ist die Tatsache, dass die für diese Misere verantwortlichen Personen, so wie es aussieht, vermutlich nicht zur Rechenschaft gezogen werden können. Viele Dinge sind einfach blöd gelaufen, und auch ich habe mit meiner Gutgläubigkeit und daher fehlender Dokumentation und vertraglicher Absicherung oder gar Versicherung Fehler gemacht. Dass es unehrliche, schlampige, verantwortungslose, dumme, einfach schlechte Menschen gibt, für diese banale Erkenntnis musste ich nun mit meiner eigenen Erfahrung herhalten.

So sehe ich das Ganze halt als echten Neustart und habe mit dieser an sich katastrophalen Wendung, die meine Rückkehr und meinen Wiedereinstieg erheblich überschattet hat, eigentlich abgeschlossen. Ich lass mir davon auch sicher nicht die letzten drei Jahre verderben! Ich freu mich, dass mich die Anima sicher um die Welt gebracht hat, dass ich dabei viel Großartiges erleben und liebe Menschen kennen lernen konnte und dass ich g´sund wieder da bin. Und ich bin den vielen Freunden dankbar, die mir in dieser Situation so hilfreich und großzügig beigestanden sind.

In Grado bei herrlichem Sonnenschein, in der Kabine der Anima, nach einer etwas emotionalen Aufarbeitung und dem Verfassen dieser Zeilen, schließe ich nun diesen unerwarteten Epilog des Logbuchs und geh auf ein Eis…

 
 
 
 
 
 
 
 
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